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Resilienz

Mein Verständnis von Resilienz geht nicht nur davon aus, Turbulenzen zu meistern und zum Ursprungszustand zurückzukehren, sondern sich weiterzuentwickeln und einen neuen Status quo zu schaffen.

Hintergrund

Begriff

Der Begriff Resilienz stammt vom lateinischen ‹resilire› (zurückspringen, abprallen, nicht anhaften) ab. Ursprünglich wurde der Begriff insbesondere im Ingenieurwesen angewendet und erklärt dort die physikalische Fähigkeit eines Körpers, nach Veränderung der Form wieder in seine Ursprungsform zurückzuspringen (Thun-Hohenstein, Lampert & Altendorfer-Kling, 2020).

Definition

Die in der Literatur vorherrschenden Definitionen der Resilienz lassen sich in zwei, aufeinander aufbauende Ansätze unterteilen. Zum einen kann Resilienz allgemein als die «Fähigkeit von Personen, sozialen Gruppen, Systemen oder Gegenständen, eingetretene Schädigungen zu kompensieren bzw. die verlorene Funktionalität wieder herzustellen, oder die Fähigkeit, flexibel auf Gefährdungen zu reagieren und mögliche Schädigungen abzuwenden» (Bürkner, 2010, S. 24) definiert werden. 

  • Dieser Ansatz spiegelt ein statisch-stabilitätsorientiertes Verständnis wider, das Systeme als robust und widerstandsfähig charakterisiert und durch Sicherheit und Funktionsfähigkeit definiert wird. Ziel ist ein ‹bounce back›-Effekt, d. h. dass das System nach einer Turbulenz in den Ursprungszustand zurückkehrt.

  • Der zweite Ansatz geht einen Schritt weiter und fokussiert nicht den Ursprungszustand, sondern Veränderungen und Weiterentwicklungen durch transformative Lernprozesse und geht damit über die blosse Bewältigung von Turbulenzen hinaus. Er zielt darauf ab, gestärkt und verändert aus schwierigen Situationen hervorzugehen und sich an zukünftige Herausforderungen anzupassen. Das Ziel hier ist also der ‹bounce forward›-Effekt, bei dem sich das System kontinuierlich an veränderte Umweltbedingungen adaptiert.

Kompetenz

Obwohl Wissen und Kompetenz im Sprachgebrauch oftmals sinngleich angewendet werden, ist es nicht dasselbe. Vielmehr handelt es sich bei der Kompetenz um eine Weiterentwicklung von Wissen, denn das eine (Kompetenz) baut auf dem anderen (Wissen) auf. Damit sind Kompetenzen auch keine Persönlichkeitsmerkmale, die gegeben oder nicht gegeben sind. Sie sind lernbar und lassen sich damit aneignen. Vorausgesetzt ist dabei die Verbindung von Wissen mit Anwendung und Erfahrung und der Wille und die Eigenverantwortung eines Individuums, die Kompetenz der Resilienz aufzubauen.

Prozess

Angesichts der Herausforderungen und Turbulenzen des 21. Jahrhunderts sollte der Fokus nicht ausschliesslich auf einer der beiden Aspekte – Resilienz 1.0 oder Resilienz 2.0 – liegen, sondern vielmehr auf der Wechselseitigkeit dieser Ansätze. Die beiden Ansätze ergänzen und bedingen sich gegenseitig in ihren Grundfesten, denn «ohne Flexibilität fallen Veränderung und Anpassung schwer, ohne feste Verwurzelung bleibt Beweglichkeit ein richtungsloses Mitschwimmen im Strom» (Zukunftsinstitut, 2021, S. 14). Es ist also entscheidend, eine ausgewogene Balance zwischen Robustheit und Anpassungsfähigkeit, Tradition und Innovation sowie Regulierung und Dynamisierung zu finden, um resilient zu sein.

 

Das Verhältnis zwischen Stabilität und Anpassung sowie der ständige Wandel zwischen diesen beiden Pfeilern wird durch das Modell des ‹Adaptive Cycle› nach Gunderson und Holling (2002) veranschaulicht. Dieses Modell betrachtet Krisen als Treiber von Produktivität und geht davon aus, dass Turbulenzen nicht grundsätzlich vermieden, aber durch Anpassung an die Herausforderungen konstruktiv bewältigt werden können. Es erfordert die Bereitschaft und den Willen, den Ursprungszustand loszulassen, sich weiterzuentwickeln, daran zu wachsen und den neuen Status quo zu festigen.

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